Tag 38: O Logoso

durch klackende stöcke werde ich aus dem schlaf gerissen. hab von lynn geträumt! schöner traum. stehe auf und packe mein zelt zusammen. dämmerung. es ist schon nach acht. hab keinen plan wie lange ich heute laufen würde aber es sollte nicht mehr allzu heiss werden.

nach etwas mehr als einer stunde erreiche ich das erste dorf. da das nächste erst in zwei stunden zu erreichen wäre, beschliesse ich hier einen kurzen rast zu machen. victor winkt mir zu! sie waren hier über nacht wegen dem regen und er hat irgend eine deutsche im schlepptau und trinkt mit ihr genüsslich seinen ersten kaffee. ryan und der andere franzosen und der belgier kommen dazu. belgier ist ja eigentlich nur einer. der rest franzosen. franzosen würde also nicht passen. belgier auch nicht. ich nenne sie die haschbrüder. beim ersten kaffee nämlich schon geben die jungs jeweils eine fette flöte herum. als ich sie in palas de rei beim mittagessen antraf hatten sie einen dicken klumpen proviant gekauft! den lassen sie bestimmt durch bis finisterre. ich seh sie auch immer nur haschisch rauchen in irgend einem kaffee oder aber mich überholen! die jungs sind echt zügig unterwegs für das, dass die so viel reinkiffen den ganzen tag.

ich laufe vor ihnen ab, doch sie überholen mich dann nur knapp vor dem nächsten dorf. also nach zwei stunden. wir machen zusammen wieder pause irgendwo in einer bar mitten in der pampa. frühstückszeit. 11.30 uhr. ein schweizer aus freiburg haben die haschbrüder auf dem weg aufgegabelt. hat in genf oder le puy gestartet.

schaue auf die karte. bis o logoso sind es noch 4.5h zu fuss. ohne pause. meine fresse. und es ist schon 12 uhr. das wird wieder spät heute. wird nix mit wäsche machen und zelt trocknen. laufe weiter. und weiter. vorbei an bauernhäusern und neben traktoren und galizischen bauern. treffe auch auf fast niemanden und so kommt langsam aber sicher eine angenehme ruhe im kopf zustande.

tolle aussicht kurz vor dem mittagshalt

kurz vor lago überhole ich eine portugiesische gruppe und komme dann ziemlich erschöpft in lago an. noch 2.5h von hier bis o logoso. ich setze mich in die zweite der zwei bars die es hier gibt. alex und seine grosse blonde begleiterin sitzen am mittagstisch! ich lasse sie zu zweit weiteressen und setze mich hinten an einen tisch. menu del dia. ich bekomme das beste menu del dia aufgetischt, was ich seit beginn meiner reise hatte. und das für zehn euro!! zwar wieder fleisch und thunfisch in hülle und fülle, aber ich bin so satt, dass ich zum ersten mal nicht ausessen mag und am liebsten hier bleiben würde. 10 oder 12km noch zu machen. schlürfe meinen espresso runter und starte den endspurt in der mittagssonne. niemand unterwegs um die zeit. meine gedanken schweifen um die nächsten tage und wohin ich gehe möchte und in welcher reihenfolge. finisterre und dann muxia oder umgekehrt? und danach? porto? noch habe ich keine prise von heimweh. aber vermisse das lesen! bin noch immer keine seite weitergekommen seit über einer woche. zu viele kilometer gelaufen. zu viel zeit für erholung benötigt. und zu viele leute getroffen bis und in santiago! sichtlich genossen heute und gestern. derzeit bin ich aber mit den haschbrüdern auf trab. mindestens eine nacht mit ihnen in finisterre oder muxia wäre schon witzig.

erreiche olveiro. von hier noch eine stunde den berg hoch. easy. heute morgen war ich noch komplett in mischwäldern und vor allem laubwäldern unterwegs. kaum mehr eukalyptus. jetzt in olverio fängt langsam aber sicher das küstenklima an. nadelwälder. fantastischer geruch. auf einer anhöhe mache ich einen kurzen rast, trinke mein letztes wasser aus. und überlege, ob ich die haschbrüder einholen soll in hospital. das wäre nochmals eine halbe stunde ab o logoso. dort wäre die trennung des weges nach finisterre und muxia. ich schaue meine verbindungen nach porto nach. in muxia hätte ich einen bus bis a coruña. von da hätte ich gute verbindungen nach porto. den könnte ich am montag nehmen. von fisterre gibt es nur abends einen bus zurück nach santiago. da hätte ich aber derzeit nichts zu machen. es wäre nur ein blöder zwischenstop. dann also finisterre zuerst und muxia als letztes! morgen das touriprogramm mit den bustouristen! es sind morgen bis finisterre nochmals über 30km. zum leuchtturm 4km hin. 4km zurück? würde ich morgen 38km machen können? kann das mit dem leuchtturm auch auf übermorgen verschieben. fragen über fragen. da mich sonst nicht viel berührt sind das die einzigen wichtigen fragen derzeit! aber alles gut. ich nehme wie es kommt. musste bis santiago kaum planung vornehmen, entscheidungen treffen. der weg war fest vorgegeben. tag pause ja oder nein war höchstens die frage. und jetzt halt die frage ob finisterre oder muxia oder beides und in welcher reihenfolge und wohin danach!

kurzer rast im schatten. das küstenklima zeichnet sich immer deutlicher ab
beim aufstieg nach o logoso

so oder so wäre mein camino aber bald zu ende. nicht die reise, aber der camino.

das leben selbst ist ja auch ein camino.

in o logoso angekommen frage ich nach einer dusche und einem zeltplatz. alles tiptop. dusche drei euro. das ist musik. nicht wie in triacastela in der ersten herberge weggeschickt zu werden ohne entgegenkommen! danke galizien. simon kommt dann auch gleich um die ecke gekrochen. der typ ist mir nicht sonderlich sympatisch und definitiv zu fest deutsch in jeder hinsicht. wenn ich was von franz gelernt habe die letzte woche ist es was das deutschsein denn überhaupt ausmacht und was daran nervt, vor allem wenn man wie hier in spanien unterwegs sind. gestern hatte mich die betrunkene spaniergruppe draussen dann aber auch genervt. vielleicht sollte ich doch amerikaner werden überlege ich kurz. how was your day so far??? neinnein. ami fällt weg. spanier oder deutscher? was für eine frage. denke zurück an franz und wo er wohl stecken mag.

gönne mir dann endlich die dusche und eine frische rasur. sonne ist aber schon weg. ist auf der anderen talseite. wieso zum teufel baut man ein dorf auf der schattenseite? schnee wird es hier ja wohl kaum haben so oder so.

abendessen in o logoso

bestelle mein abendessen und setze mich bei einem glas rotwein draussen auf die strasse mit blick auf die andere talseite. beim zweiten gang steht plötzlich ein taxi vor mir. vier damen steigen aus. es sind die portugiesinnen von gestern beim abendessen! sie lachen mir durchgeschwitzt entgegen und meinen sie hätten nicht mehr weiterlaufen können!

ich gehe zum dessert rüber. gerade packe ich meinen ereader aus und möchte nach einer woche endlich weiterlesen, da kommt victor zugelaufen! er bestellt zwei gläser wein und setzt sich zu mir. baut sich einen fetten joint, schlürft den wein runter und wir haben ein tiefes gespräch über frankreich und spanien und „la commune“ (oder so?). muss ich morgen nachlesen. victor hüpft nach dem zweiten glas rotwein dann auf und meint er müsse noch über eine stunde laufen um die jungs aufzuholen.

nebenan auf der apfelbaumwiese stelle ich im dunkeln mein zelt auf. die wiese liegt komplett schräg im hang. im schlafsack eingenistet fühle ich mich wie ein astronaut, der irgendwo zwischen liegen und stehen steckengerade im nest angegurtet ist.