Tag 34: A Lavacolla

anja und martin sind schon los! als ich aufstehe packt franz gerade sein zeugs zusammen und äfft einen ami nach: „so how was your day so far martin? it‘s wonderful today. what a beautiful day it is.“ und beugt sich zu mir in den schlafsack runter. wir krümmen uns vor lachen obwohl ich gerade erst aufgewacht bin!!

die schüchterne junge frau von der herberge wünscht uns einen guten tag und ich trete auf die strasse, laufe die paar hundert meter hoch zurück zum camino. habs noch nie so fest in den beinen gespürt! nicht die füsse schmerzen aber die oberschenkel. die 34 kilometer von gestern zeigen ihre dramatische wirkung und meine beine schreien schon nach pause. aber heute wären noch 25 km zu machen wenn wir am montag nicht allzuviel machen wollen beim eintreffen in santiago.

franz holt mich nach ein paar hundert metern schon ein und wir quatschen in aller früh weiter über die amis. für mich wärs ja noch auszuhalten. ich finde die gespräche langweilig aber verzieh mich dann einfach in dem ich eine trinkpause einlege oder pinkeln gehe wenn ich während dem wandern dumme oberflächliche fragen gestellt bekomme. franz hingegen kommt noch immer überhaupt nicht damit klar. seine wut braust sich jeweils auf wenn er über die amis spricht und sein kopf wird ganz rot. noch roter als sein knallrotes hawaihemd. er wird wieder ganz zornig beim laufen! und keine halbe stunde plaudern wir darüber da kommen wir vor eine skulptur aus bierflaschen. vor uns zwei damen geschnitzt aus demselben holz das wir immer und wieder beschreiben und darüber lachen. ospray rucksack und trinkhalm. und sie machen die klappe auf: „oh my god catherine. look at this. it‘s beautiful..“ wir lachen so laut raus dass sie sich zu uns umdrehen und wir laufen direkt an ihnen vorbei und überholen sie ohne uns darüber zu schämen.

erste kaffeepause. der typ aus barcelona mit seinem wanderstock sehe ich zum ersten mal ohne den mexikaner. wir tauschen nummern aus! wäre schade ihn aus den augen zu verlieren. vielleicht würde ich mich bei der heimfahrt via barcelona bei ihm melden.

beim kaffee trinken sehen wird emilio und alina von weitem! sie kommen kurz zu uns rüber und wir tauschen ein paar worte. unterdessen sind so viele pilgernde auf dem camino dass es gut tut, ab und an auf bekannte gesichter zu stossen. auch die tempelritter laufen wenig später an uns vorbei und wir winken ihnen zu.

franz und ich laufen weiter. wir haben ein tiefes und langes gespräch über die deutsche kultur und was wir an ihr nicht mögen und was wir an der spanischen kultur so sehr mögen und zu hause vermissen. franz möchte eine alberge aufmachen. alberge bavaria. weisswurst und kartoffelsalat soll es geben. nach zwei stunden marsches machen wir halt und nehmen das erste bier für den tag. von anja erfahren wir via whatsapp dass sie und martin schon in o pedrouzo seien und seit über einer stunde da wären! und wir haben noch eine stunde dahin. die sind uns also zwei stunden voraus. waren wir so langsam?

während franz pinkeln geht ergreife ich die gelegenheit um alleine weiterzulaufen. möchte wieder etwas ruhe im kopf. es ist mittagszeit und wieder heiss und es hat nicht mehr viele leute auf dem camino. mache in o pedrouzo nur kurzen halt bei einer bäckerei, gehe dann aber wieder weiter. von hier noch zwei stunden bis zur herberge. es ist 15 uhr. wird 17 uhr bis ich ankomme. mit wäsche trocknen könnte es knapp werden. ich trage nun schon seit triacastela halb-nasse wäsche herum und war nie frühzeitig genug in der herberge, um mein zeugs lang genug an der sonne zu trocknen. wenn es überhaupt sonne gab. so schön es auch ist, später aufzustehen und sich durch den tag mehr zeit zu lassen, kommt es doch auch mit gewissen nachteilen. hatte keine zeit zum schreiben ode lesen. seit ner woche keine seite angerührt. laufen. essen. bierchen. essen. schlafen. für mehr war diese tage keine zeit! ach der strenge pilgeralltag.

der weg führt durch herrlich duftende eukalyptuswälder. vorbei am grossen flugplatz des flughafens von santiago. es kommen viele erinnerungen hoch von der reise 2017 zusammen mit candid. el camino del norte mit dem fahrrad. genau hier irgendwo sind wir dann auf die letzten meilen des caminos getreten und sind auf marcial gestossen. ob ich die bar wiedererkennnen würde?

eukalyptuswald am nachmittag kurz nach o pedrouzo

erreiche dann endlich die herberge. im garten suche ich nach martin und franz und anja. keine spur! treffe auf alain, den franzosen aus sahagùn! er spricht mich wieder auf französisch an. was denn sonst. martin kommt dazu und führt mich ins schöne kleine 4er-bett-zimmer. ach! schön familiär. letzter abend vor santiago. wir gehen zusammen apero trinken mit sangría! danach zusammen dinnieren. anja möchte morgen früh los. es wären zwei stunden bis santiago. ich schaue morgen wie ich mag. erwarte keinen grossen sentimentalen moment und so würde es nicht gross einen unterschied machen, ob ich auf die leere plaza schon um 9 uhr stosse oder auf eine volle plaza um 11 uhr. zumindest so die theorie. aber so oder so: MORGEN RUFT SANTIAGO!

garten und wäsche trocknen in den letzten sonnenstrahlen (hat dann wieder nicht gereicht zum trocknen übrigens)
kurz vor dem lichterlöschen im zimmerschlag