körperlich ging heute mit leichtigkeit! aber viel wandern. noch nie so viel gemacht wie heute. sagenhafte 34 kilometer. wir kamen erst um 19 uhr in der herberge an. und gingen gleich zum abendessen rüber.
ging heute alleine los, traf aber schon nach den ersten minuten auf martin und eine zweite italogruppe. die gruppe von gestern vor dem restaurant. ich nenne sie die tempelritter. die gruppe hat eine krasse aura. fünf junge frauen, drei wohl um die dreissig. zwei um die vierzig. und andrea, ein braungebrannter und bärtiger kleiner italiener. andrea könnte bei herr der ringe mitspielen. mitten auf dem schlachtfeld. andrea und die eine grosse italienerin haben dann ihren wanderstock vorne am hüftgurt schräg eingeklemmt. das sieht dann jeweils so aus als halten sie ihr eisernes schwert zum kampf stets griffbereit. keine person hat walkingstöcke. alle haben nur wanderstöcke aus holz! was den eindruck ihres bündnisses noch verstärkt. auf jeden fall alle interessant aber jetzt im dunkeln noch zu früh zum kennelernen.
der weg war leicht und angenehm. kleine hügel rauf und runter. im vorgarten eines hauses steht dann aufs mal ein foodtruck. und ich hole mir cafesito und eine belgische waffel. keine bocadillos und tortillas bis finisterre mehr habe ich mir gesagt! will mich dran halten. mal schauen ob ich es schaffe. von martin oder franz keine spur weit und breit. es hat leute, aber die ami und koreanerbusse blieben zum glück bisher aus. die dame beim foodtruck kommt aus seattle. hab ich sie nicht gefragt aber entnehme ich aus dem gespräch mit dem nächsten kunden. ich mag die frage nicht stellen: „where do you come from?“. diese ewigen fragen der amis gehen mir langsam auf den sack. auch wegen dem gespräch mit franz und martin gestern. how was your day so far?? franz kann sich vor lachen nicht beherrschen bei der frage. während ich meine waffel esse, überlege ich ernsthaft an einem neuen spiel rum. ich nenne es GRINGO BINGO. gegeben eine liste von 10 sätzen mit den häuigsten fragen, die eine amerikanerin oder amerikaner stellen mag, kann man während dem oberflächlichen smalltalk-gespräch die fragen abkreuzen die gestellt worden sind. where do you come from. oh switzerland, beautiful. you must do a lot of skiing. how old are you. what do you do in life. where do you live. why are you on the camino. where have you started today. die liste geht endlos weiter. ich würde mir die häufigsten 10 fragen aussuchen und auf die bingoliste setzen.
wir erreichen melide, ein mögliches etappenziel. die stadt ist aber genau so hässlich und abgenutzt wie palas de rei. irgendwo hier sollen martin und anja warten, wir hatten in einer bekannten pulperia abgemacht. es gab dann an der hauptstrasse aber eine ganze handvoll pulperias. welche es hier wohl sein mag?? franz und ich stehen verdutzt auf der hauptstrasse. da springt martin mit seinem cowboyhut auf die strasse und winkt uns zu sich. martin hat eigentlich immer seinen cowboyhut an. überall. drinnen, auf der toilette, selbst nachts. er hat diesen hut seit zwanzig jahren!! ist aus frankreich. wir setzen uns ins bekannteste pulporestaurant der stadt und bestellen eine handvoll tapas. pulpo ist natürlich dabei. tintenfischstücke auf galizische art. wir tauschen uns über den vormittag aus und dass gar nicht mal so viele amis auf dem weg waren. es wäre noch ein gutes stück zu laufen von hier. nur schon bis arzua, die nächste grössere stadt. da sie aber wohl genau so hässlich sein würde wie hier melide oder palas de rei möchten wir weiterlaufen und irgendwo aufs land! eine pension oder casa rural. wir vier. ein kleiner gruppengeist hat sich schon geformt und ich möchte nicht mehr ohne die drei unterwegs sein! franz. martin. anja. und ich. die erste deutsche gruppe auf dem camino. vorher immer englisch oder spanisch.
wir laufen also weiter. anja ist schon vorher alleine los. anja läuft eigentlich immer alleine. nur eine knappe stunde später laufen wir durch einen wald und überqueren über ein paar grosse felsbrocken im wasser einen kleinen fluss. schöner ort hier! am anderen ufer treffen wir auf emilio und slash und seine freundin. aah emilio! ich mag ihn. wir pausieren. franz und martin laufen weiter und ich bleibe bei den italos sitzen. emilio setzt eine bialetti auf. mit dabei in der gruppe ist eine junge blonde frau, die ich als russin oder ukrainin eingeschätzt hätte. sie packt perfektes castellano aus und kommt aus barcelona. heisst alina. super sympatisch und hat erst in sarria begonnen. viel stress in der arbeit und konnte nur 5 tage frei nehmen. daher reichte es nur ab sarria. das schlimmste stück ausgesucht! aber es gefällt ihr sehr meint sie. wir laufen nach dem kaffee hier am lauschigen waldplatz alle gemeinsam weiter. und treffen auf die tempelritter. da die alle italiener*innen sind, beginnt das grosse gespräch. alina und ich verstehen kein wort und quatschen auf spanisch weiter.
zusammen gehts weiter. es scheint heute fast so, als ob niemand wirklich weiterlaufen will! niemand will ankommen. in santiago. dann wäre die reise vorbei. wir alle scheinen die zeit auszudehnen hier. schön irgendwie. lerne eine der tempelritterinnen kennen. gaia aus london. sie hat ihren wanderstock wieder vorne im gurt eingesteckt als ob ihr schwert jederzeit griffbereit wäre. mit gaia und einer anderen flotten italienerin laufen wir zu dritt durch die landschaft. es ist wieder richtig heiss geworden nach diesen paar kalten regentagen. zum ersten mal wieder richtig sonne und ich bin ausgeschossen mit wasser und proviant!
in arzua machen wir dann pause. treffe auf franz und martin. anja würde hier irgendwo sein. wir suchen in der stadt umher. martin finder sie dann. noch etwas mehr als eine stunde bis zu unserer unterkunft. es ist schon spät. 18 uhr. der weg zusammen ist leicht und angenehm trotz der hitze. wir haben die 30km geknackt in arzua und laufen auf die 34km zu. vor zwei wochen hätte ich keine chance gehabt hier. und vor drei wochen erst mit den schweren stiefeln! wills mir gar nicht vorstellen. jetzt gehts aber normal weiter als wären wir erst grad gestartet in aller früh. nur in den knien scheine ich es langsam zu spüren. aber ankommen wollen wir trotzdem. nach sieben erreichen wir unsere alberge. ein wunderschönes landhaus abseits des caminos. wir checken ein und die letzten sonnenstrahlen fallen auf unserne balkon im ersten stock neben unserem zimmer. ich stelle mir kurz vor wie es gewesen wäre, zwei stunden hier früher angekommen zu sein. franz kommt zu mir und sagt mir, ohne dass ich es laut ausgesprochen hätte, dasselbe! haha. martin kommt nach der dusche zu uns und sagt exakt dasselbe! wir lachen laut. alle drei den gleichen gedanken, aber wir hätten nicht viel früher sein können! so viel pause haben wir nicht gemacht und es waren 34km zu bewältigen heute!
im kleinen speisesaal der herberge gibts dann endlich abendessen und reichlich rotwein. martin packt seine abneigung gegenüber amerika bzw den USA aus und franz wird wieder richtig zornig! wir haben einen lustigen und wunderbaren abend zu viert. wir trinken über drei flaschen rotwein! morgen wären 25km zu machen. easy. kurze 25km! noch zwei tage bis santiago. das geht auch mit kater.