wollte am liebsten einfach liegen bleiben heute früh. ich höre franz und anja irgendwas labern und entnahm dem gespräch dass es gerade wie in strömen regne. es ist morgens um sieben. und anja geht plötzlich los! bleiben wir drei jungs, martin, franz und ich. liege noch im bett als sich die jungs über ihr kopfweh beschweren! franz überreicht martin eine aspirintablette und ich versuche zu begreifen, dass die drei gestern zu spät zur alberge kamen, diese schon verschlossen war, und sie über den balkon und die offene balkontüre im ersten stock in das haus kamen! bzw martin via räuberleiter dann von innen die türe unten gegen die strasse hin öffnen konnte. und ich war friedlich am schlafen mit meinen ohropax. hatte sie dann schon gehört gestern abend noch, mir aber nix dabei gedacht! sie waren mit den beiden russinnen unterwegs und hatten ordentlich über den durst getrunken. martin meint beim aufstehen er kotze gleich vor übelkeit, so schlecht sei ihm! der typ von der herberge will uns dann kurz nach acht rausschmeissen, aber es giesst noch immer in strömen und nur schon wenige minuten draussen würde komplett durchnässte schuhe bedeuten. ich überlege für einen moment ins erste café zu sitzen und hier einen pausentag in sarría einzulegen. keine lust hier auch nur einen meter aus der stadt zu wagen! doch gerade als wir unsere schuhe anziehen und die ersten schritte auf die strassen wagen, hört der regen auf. als wäre sich petrus höchstpersönlich über unsere situation bewusst. es nieselt nur leicht. und wir beschliessen, eine gute stunde zu laufen bis zum ersten café und von dort weiterzuschauen.
durch die stadt sarría laufen wir dann durch eine einzelne altstadtgasse, die ich gestern nicht auf dem radar hatte. hier war die gruppe gestern essen! war also an der komplett falschen strasse unterwegs gestern abend um die gruppe ausfindig zu machen.
wir begegnen einer ganzen horde von neuen pilgernden, die in ihren nagelneuen wanderschuhen und ihren glänzenden ponchos mit uns durch die stadt laufen. sie würden erst hier ab sarría beginnen. wir machen uns über die situatuon lustig aber ich erinnere die gruppe, dass nico aus holland und der belgier wohl das gleiche gedacht hatten in saint jean. die letzten 800km wären nur noch der endspurt wie für uns hier ab sarría endspurt wäre. wir starten mit den ersten witzen über das amerikanische volk.
nach einer stunde die erste pause und es sind so viele pilgernde auf einem haufen im café wie es etwa in orisson oder am zweiten tag ab roncesvalles in den bars der fall war. franz, martin und ich regen uns langsam aber sicher mächtig über die amerikanerinnen und die engländerinnen auf. undfreundlich, ungeduldig, genervt sind sie auf dem camino. reden mit allen ständig nur auf englisch, auch mit den lokalen spanischen leuten. meist sind sie in dreiergruppen unterwegs. drei frauen Ü50. ich nenne sie die osprey-pilgerinnen. sie haben alle meistens diesen einen dunkelblauen 35 liter osprey rucksack, übertriebene ultrahochgedämpfte hooka trailing-schuhe, einen blauen camelbak trinkschlauch welcher auf der rechten seite aus ihrem rucksack ragt und ich sie noch nie daraus trinken sah. und meistens ein weisses baseballcap so montiert als würden sie heute im wimbledon tennisfinale spielen. sie laufen dann mit ihren walkingstöcken hochmotiviert und gestresst auf dem camino als wäre es ein rennen. bin noch nie mit solchen frauen im gespräch gewesen aber hab dazu auch null lust dazu und sie wären auch viel zu gestresst dafür, denn die herbergen sind für sie schon alle durchgebucht bis santiago und der flieger nach hause natürlich auch schon. sie würden sehr viele wertvolle erfahrungen auf dem camino verpassen, weil sie zu engstirnig und unspontan unterwägs wären. da sind franz, martin und ich uns alle drei einig. und franz wird gar richtig zornig darüber. martin und ich sind aber noch zu müde um weiter darüber zu quatschen.
es kommt nochmals eine heftige regenfront und wir bleiben bei unserem morgenkaffee sitzen. es will nicht aufhören. gerade ziehen wir unser zeugs an, hört der regen wieder auf! unglaublich. wir waten weitere zwei stunden abwechselnd durch nieselregen und sonnenschein als wären wir mitten im april in der schweiz! es sieht auch landschaftlich genau so aus und fotos zu machen würde sich nicht lohnen!
es überkommt uns der hunger und wir setzen uns in eine bar irgendwo zwischen den kuhwiesen. zwei minuten später kommt eine starkregenfront unter der wir keine sekunde hätten stehen wollen. was für ein timing. bestellen burger und sandwichs. keine sekunde kommt uns in den sinn auch nur die auswahl an bocadillos auf der karte anzuschauen, dafür wären sie uns allen in allem ausmass verleidet!
immer wieder regnet es in strömen und giesst es runter vom dach so dass wir weiterhin sitzen bleiben und zum bier rüber gehen. lang ists her. die leber kreischt vor entzug! neben uns eine dieser amerikanerinnen von der wir vorher ständig witze gerissen hatten — und sie trägt hooka schuhe und hat einen osprey rucksack! wir können uns das lachen nicht verkneifen als sie ihr maul aufmacht!! oberflächiger kann das gespräch nicht sein aber es ist so überschaubar und langweilig dass wir sie ständig nachäffen und unser lautes gelächter nicht mehr unterdrücken können. was für ein fest wir haben uns über die amerikanerin lustig zu machen. ist ist sarría gestartet und macht zwei australierinnen beim abschied einen vortrag wie sie ihren rucksack einzustellen hätten. sie macht sich dann los und schreit den beiden australierinnen auf dem kiesweg dann zu: „what a wonderful day it is today!“, und winkt ihnen mit den walkingstöcken zum abschied. nach einigen minuten kommt eine solch fette starkregenfront dass sie hoffentlich unter den wassermassen ertrunken ist und wir bleiben schadenfreudig auf unseren stühlen sitzen.
gerade machen wir uns weiter auf, da hört wieder der regen auf. was geht denn heute ab. wir lachen darüber dass der camino einfach will, dass wir heute weiterkommen! welch glück wir doch haben. nach portomarín wären es noch über drei stunden! das boxen wir irgendwie durch. es ist schon 14 uhr und wir sind noch nicht mal 10km weit gekommen. welch trister tag! niemand von uns drei scheint sichtlich motiviert für den weiterlauf zu sein.
martin erzählt viel von sich und seinem leben und es ist sehr interessant ihm einfach nur zuzuhören. er erzählt uns weiter über mexiko und seinen erlebnissen dort. wir reden natürlich wieder über sex. allgemein vergeht keine halbe stunde an dem das gesprächsthema nicht wieder über sex handelt und obwohl er immer witze darüber reisst, meint er es doch irgendwie ernst! martin erzählt uns auch, dass er vor 20 jahren knapp 6 jahre heroinabhängig war. und fast nicht davon los kam. er hatte in den 90er jahren den aufschwung der technoszene mitgelebt und viel ecstasy konsumiert. um runterzukommen hatten sie dann heroin genommen. irgendwann sei das ecstasy nebensächlich geworden und das verlangen nach dem heroin hat überhand gewonnen. es sei dann aber mehr wie koffein bzw kaffee gewesen. er habe nicht wirklich was gespürt aber habe sich nicht wach gefühlt ohne heroin, konnte nicht in den tag starten und in den alltag hineingehen. man hätte es ihm nicht angemerkt. aber er wusste es wäre nicht gut. nach sechs jahren hat er es dann endlich geschafft davon loszukommen. hat eine krasse vergangenheit dieser mann! auch die geschichten aus mexiko sind richtig verrückt. sein nachbar wurde erschossen. sein kumpel auch.
kurz vor portomarin erreichen wir ein paar bekannte italos! kenne sie nicht persönlich aber martin scheint sie gut zu kennen. adelina, eine der beiden russinnen, meldet sich bei franz und fragt wo wir bleiben! gleich gleich. eine halbe stunde später erreichen wir über eine immense brücke, welche über ein riesiges tal führt, das dörfchen portomarin. und gehen gleich in die nächstbeste herberge. alles noch frei. kein stress also. aber 24er schlag. ich treffe auf die ältere franzosin von vorgestern, laurine. sie schlägt mir vor, ich könne auch mit in ihr zimmer, sie würde wissen dass ich nicht schnarche. ich verstehe ihr französisch leider zu schlecht und weiss nicht, ob das nun eine anmache der guten alten dame war oder nicht, denn als ich franz dazuhole scheint sie sichtlich genervt zu erklären, dass das angebot nicht mehr gelte. sie schnappt sich ihr bier, und verschwindet in ihr zimmer! laurine ist bestimmt über 60! auf jungen männerfang hier auf dem camino?? wir könnens nicht recht fassen. vielleicht auch unser französisch einfach zu schlecht und wir schieben es auf das und nehmen uns ein bett im 24er schlag.
treffe auf emilio, den italiener mit der bialetti, hier im schlag! und der typ der aussieht wie der sänger von guns and roses. braune lockenhaare und immer ein ärmeloses shirt montiert. franz nennt ihn immer slash. weil er ähnlich aussieht. ist mir unsympatisch und hab keinen bock mit dem zu quatschen. emilio ist ein flotter typ. wir umarmen uns immer als hätten wir uns seit jahren nicht mehr gesehen! dabei ist es meistens ein halber tag oder so. aber er hat dann immer slash und dessen freundin im schlepptau.
portomarin ist sehr klein. aber schön! als in den 50er jahren ein staudamm gebaut wurde, hatte man das ganze dorf ein paar meter nach oben verschoben. inklusive gotischer kirche!
finde in der kleinen altstadt dann in einem restaurant die gruppe. franz, martin, adelina, svetlana und anja. teuerste bude bisher auf dem camino! wegen den touris von sarría?? wird hoffentlich nicht noch teurer sonst gehen wir pleite noch bevor wir in santiago ankommen.