Tag 29: Triacastela

picknickstimmung an der warmen herbstsonne kurz vor dem abendessen in triacastela. von links nach rechts: eine colombiana, francesco, svetlana (russin nr. 1), adelina (russin nr. 2), martin, franz.

da heute regen angesagt war blieb ich einfach liegen im bett bis acht uhr und ich der letzte im zimmer war. eine ältere franzosin, die ihr bett neben mir hatte, nahm ihre matratze über nacht raus und legte sich in den gang. wegen den schnarchnasen. paco war wieder laut am sagen! ich ging in der nacht pinkeln und die franzosin lag im gang und haute mir irgendwelche sätze auf französisch an den kopf. sehe ich im dunkeln aus wie ein franzose oder was?? wie soll ich die ältere dame denn bitteschön verstehen. die sprachliche arroganz unseres nachbarvolkes geht mit langsam aber sicher wieder auf den wecker.

draussen regnet es. bin ich froh hab ich nicht das zelt genommen. es ist dunkel und neblig und es regnet. keine lust zum laufen. setze mich also in dorf in die erste bar die voller pilgernde ist. sheen sitzt wieder alleine am tisch aber ich lasse ihn diesmal alleine. martin setzt sich zu mir. ich lache innerlich über die amerikanerinnen die hier in o cebreiro auf 1400 meter über meer ihren vollen frühstücksteller haben wollen. café con leche. gebratener speck. spiegelei. tortilla. und was auch immer noch. als wäre es die letzte mahlzeit vor 300 kilometern wüste. sie bestellen ihr frühstück dann auf englisch und müssen eine ewigkeit rumdiskutieren bis sie kriegen was sie wollen. und dann total erschrecken dass sie mit ihrer kreditkarte nicht zahlen können.

laufe dann los in den regen. untedessen ist es hell. weiss nicht mehr viel was passiert war. kein vergnügen. martin holt mich irgendwann ein. wir gesellen uns nach ein paar stunden in eine bar auf dem alto di poio. der regen hört allmählich auf. nach den kaffee bleiben wir aber noch immer sitzen und es erscheint — franz aus bayern!! er setzt sich zu uns. joe, die holländerin, und kerem kommen wenig später nach. sheen auch. wir haben eine grosse vormittagsrunde. als alle weitergehen sitzen martin, franz und ich noch immer hier. und wir hauen den spanier an, er möge uns doch bitte einen chupito auf den tisch stellen, ein kleines schnäpschen. der mann scheint sichtlich freude an der idee zu haben und schenkt uns einen tropfen ein, der nicht leicht zu schlucken ist! starkes zeigs. voller feuer wollen wir aufbrechen da kommt emilio abgetrabt! der italiener setzt seinen gaskocher auf den tisch und kocht uns einen weiteren kaffee. hab heute morgen schon so viel kaffee getrunken aber schlafe immer noch ein. wir wollen und wollen heute einfach nicht weitergehen bei diesem traurigen wetter.

mit kerem laufe ich dann aber endlich weiter. so eine stunde vielleicht. dann verlieren wir uns. der nebel ist unterdessen zurückgetreten und eine herrliche aussicht bis weit hinunter ins tal macht sich breit.

kurz nach dem abmarsch mit kerem nach dem alto di poio

es wäre nicht mehr weit. würde aber gerne mal ankommen. mache halt und treffe auf franz und die beiden russinnen. trinke dann aber alleine meinen kaffee in der sonne und kriege ein äussest nettes kompliment für mein spanisch von der dame hinter dem tresen.

beim finalen abstieg nach triacastela treffe ich auf die franzosin von gestern nacht bzw. heute morgen. sie trägt eine rote hornbrille und ist wohl über 60. laurine. wir quatschen und sie kann sogar etwas englisch. aber wir reden praktisch nur auf französisch. sympatisch irgendwie. aber bin müde vom vielen wandern und hab dann die schnauze voll vom gespräch und drossle mein tempo und wir trennen uns auf dem kiesweg runter ins tal.

endlich eine aussicht nach dem langen nebel am morgen beim abstieg nach triacastela

triacastela besteht dann eigentlich nur aus einer einzigen strasse. in der zweiten bar treffe ich auf kerem — und amadeo! den süditaliener. amadeo sehe ich immer nur alleine oder zu zweit mit einer hübschen jungen dame. er wäre ein sympatischer kerl und hab seine nummer auch und wir haben paar mal hin und hergeschrieben aber er hat wohl nur die hübschen mädchen im kopf und so sind wir uns nicht mehr gross begegnet und konnten in die tiefe gehen. die beiden bleiben in der alberge municipal.

laufe runter und will mir die herberge ansehen die laut meinem führer einen garten hat. der eingang sieht bonzig aus! verglichen mit den restlichen häusern hier wirkt das ganze wie ein luxushotel. der fotograf mit den wanderschuhen ist auch hier. aber zelten ist verboten ohne zeltlizenz in galizien. dann laufe ich eben zur municipal, wieder vorbei an kerem und amadeo und weiter zur herberge runter über ein grosses weites feld. hier im eingangsbereich: niemand! warte also eine halbe stunde. kerem und amadeo trudeln ein. und martin! noch immer niemand hier. plötzlich taucht eine dame auf. sie sei hier zuständig und will unsere credencials sehen. ich frage wegen dem zelt. die dame sagt mir, es sei offiziell verboten, aber sie gehe um 22 uhr von hier und was danach geschähe, würde sie nicht sehen. wir verstehen uns. ich platziere meinen rucksack unter dem schattigen und gedeckten vordach unten am hang der herberge. hole mir was zu knabbern im supermarkt. rosa und alex und die hermanos sind schon beim obligaten trinken angelangt aber ich muss heute passen. jeden nachmittag die gleiche leier. laufe zurück zur herberge. wäsche machen. aber keine sonne mehr. zu spät schon. wird nicht trocknen. heute nacht ist regen angesagt. morgen wirds regnen. ich liege auf die wiese oberhalb der herberge und geniesse also die letzten sonnenstrahlen für die nächsten paar tage. adelina und svetlana, die beiden russinnen, kommen angelaufen und setzen sich mit picknickdecke zu mir. francesco kommt wenig später und sie scheinen hier zum romantischen abendessen abgemacht zu haben. adelina packt die chinesische zwei-liter-sangría-plastikflasche aus und schenkt uns volle becher ein. franz und martin setzen sich dazu. wir plaudern und trinken fröhlich die sangría flasche leer. geht runter wie wasser. zu viel zucker da drin. bevor die sonne ganz verschwindet, beschliessen franz und martin und ich runter ins dorf zu laufen und was richtiges zu abend essen. in diesen kleinen dörfern ist es jeweils gar nicht so einfach auszumachen, wo der treffpunkt des dorfes ist. manchmal erwische ich ihn, manchmal aber auch nicht. heute haben wir glück. wir laufen die einzige strasse weiter entlang als plötzlich zwei oder drei restaurants vor uns erscheinen. wir setzen uns drinnen an einen der wenigen freien tische. volle bude. alles pilgernde. zu diesem zeitpunkt würde ich nicht wissen, dass uns in den darauffolgenden tagen eine tiefe freundschaft verbinden würde. nur wenig später tauchen die russinnen auf! und setzen sich ebenfalls. das lustige ist, dass die irgendwie immer aus dem nichts zu zweit erscheinen und dann vor uns stehen und uns zulächeln — und zwar genau wenn wir davon reden! adelina und svetlana. eigentlich mag ich sie unterdessen. wohnen in deutschland und können daher gut deutsch. nicht österreich wie zu beginn gedacht in hontanas. draussen setzen sich rosa und ale und die hermanos und ein paar neue gesichter an einen tisch. ich hatte den hermanos geschrieben dass ich heute draussen zelten würde mit den beiden russinnen. im gleichen zelt, damit wir wärmer hätten. paco krümmt sich vor lachen und gibt mir ein riesen grinsen zurück als er uns mit den russinnen sieht. das ganze reiben sie mir jetzt schön unter die nase und wir haben einen riesen spass daran!

möchte dann zurück bevor die herberge schliesst um aufs klo zu gehen! aber hab ja alles draussen unter dem vordach. auf dem heimweg seh ich paco mit alex rumknutschen! paco lästerte die tage immer mal wieder wegen angel da er auf frauenjagd sei auf dem camino. aber paco wäre ja gar nicht so viel anders denke ich auf dem heimweg. konkurrenzdenken vermutlich. hahnenkampf. deshalb mag er angel nicht. ich finde den typen eigentlich ziemlich sympatisch!