der heutige tag wäre eine grosse etappe. ich würde entweder in la faba halt machen oder den aufstieg nach o cebrerio wagen. letzterer wird mit acht stunden reiner wanderzeit geschätzt. es wäre die längste bisherige etappe auf dem camino. bin aber nun schon drei wochen unterwegs und wir sollten ja gut in form sein. ehrlich gesagt wäre mir aber ein etwas ruhigerer abend für einmal lieber! ob ich den in la faba auch kriegen würde? nach o cebreiro zu laufen hätte den vorteil, dass ich morgen weniger zu machen hätte nach triacastela. und im dunkeln in aller früh den fetten aufstieg zu machen wäre nicht sehr dankbar.
in unserer premium herberge mit einzelbetten herrscht noch tiefer schlaf als wir aufstehen um sechs. alles langschläfer! faule säcke! donovan und ich treten auf die strasse, während doug und paco noch am einpacken sind. doug sagt dann immer „gonna hit the road“. liebe den spruch!
der weg verläuft die ersten drei stunden langweilig auf der asphaltstrasse. kaum pilgernde anzutreffen und so muss ich mich mehrmals vergewissern, ob ich noch auf dem camino war. es ist bitterkalt. selbst durch die handschuhe und meine skimütze spüre ich die kälte. zum ersten mal fällt mir auf, dass ich auch als skifahrer durchgehen könnte mit meinem outfit. sogar die wanderstöcke fühlen sich in der kälte plötzlich eher wie skistöcke an. fehlt noch der schnee. war noch nie so kalt auf dem camino. zum ersten mal waren wohl auch alle pilgernde im inneren der bar anzutreffen. niemand draussen auf den stühlen und von weitem dachte ich, die bar wäre geschlossen! hier treffe ich auf donovan, der ungeduldig darauf wartet, bis mein kaffee abkühlt, wohl aber schon zu lange hier sitzt und dann nicht mehr warten kann und weiter los muss. laufe alleine weiter. es ist halb neun und noch immer nicht ganz hell. links und rechts geht es hoch den berg hinauf und die asphaltstrasse läuft weiter durchs tal weiter den berg hoch. vor mir hole ich den italiener antonio ein! der mann aus dem sushirestaurant in ponferrada. martin hatte mich schon vorgewarnt, der typ hätte nicht viel in der birne. ich seh ihn immer lachen, als wäre die welt immer in bester ordnung. schön. ist 33. hab ihn jünger eingeschätzt. er hat probleme am fuss und hinkt daher ordentlich und ich drossle mein tempo mit ihm.
fange an mir mehr zeit zu nehmen für den camino und möchte nicht mehr so hetzen. laufe an rosa und alex und die hermanos vorbei. und mache einen witz ob ich schon wein bestellen soll. rosa schaut mich verdutzt an als würde sie gleich umkippen nur schon beim gedanken! und paco ist tatsächlich schon wieder beim wein. ein steiler anstieg dann nach la faba. und spüre den schweren rucksack nun wieder ordentlich. überhole den älteren koreaner aus dem kolonialhotel. so ein witziger typ. muss immer laut lachen wenn ich den typen sehe. erreiche das kleine dörfchen la faba dann irgendwann so um 2 vielleicht. tolle aussicht auf das tal! mache halt und hole mir ein bocadillo. heute sogar mit salatblatt und tomatenscheibe. ein luxus. giulia und pi holen mich kurz später ein und machen ebenfalls rast hier. bleibe ich hier heute nacht? hab noch energie. also laufe ich weiter los. der weg wird steinig und ist noch immer steil. vor mir ein bauernhof. und rosa und alex! die beiden spanierinnen. wir laufen gemeinsam weiter. durch meinen schweren rucksack bin ich aber nicht ganz so luftig-leicht unterwegs und sie ziehen allmählich davon. nur wenig später hole ich die beiden ein — und die hermanos! wir stehen vor einem grenzstein, der die beginnende autonome region galizien markiert. nach zwei wochen durch kastilien und léon würden wir nun durch galizien wandern. gruppenfoto. nur wenig später erreichen wir das malerische dorf o cebreiro.
francesco und ich laufen vor die alberge municipal und schmeissen unsere rucksäcke hin. wir schauen wegen einer geeigneten fläche für unsere zelte. es windet gewaltig. laufen kurz weiter hoch den berg und finden eine windgeschützte fläche. doch der wetterbericht meldet regen. die ganze nacht durch. es würde runter auf 5 grad celcius gehen. nicht optimal. wir bleiben kurz sitzen als gerade die sonne durchdrückt und reden über allerlei und über die vergangenen tage. laufen runter zur municipal. duschen nicht erlaubt. nur wenn man ein bett hat. ach!eine heisse dusche. das wärs jetzt. paco kommt raus und will uns überreden das bett in der herberge zu nehmen. also gut! wir möchten einchecken aber die dame ist nicht mehr da! warten also draussen so eine halbe stunde vielleicht. sie kommt dann endlich und ruft uns chicos zu sich. premium bett in der oberen etage! alles einzelbetten. muss dann aber zuerst mal was essen. der supermarkt ist in einem dieser keltischen häuser mit strohdächern. das dorf fühlt sich mehr als kulisse denn als wahres dorf an. könnte ein ecken im europapark sein unter dem motto „galizien“. aus den boxen im supermarkt dröhnt irgendwelche keltische dudelsackmusik. zurück in der herberge bittet mich die frau von der herberge um eine übersetzung vom englischen ins spanische, sie hat keine ahnung was sie hier vor sich hat und das internet scheint sie auch nicht benutzen zu können. nickerchen oben im zimmer, bin total erschöpft!! als ich runter zur dusche gehe kurz vor acht dann die bittere erkenntnis: es gibt kein warmwasser mehr!! draussen weht der wind so kalt dass es gleich schneien kommt und ich krieg hier keine warme dusche mehr.
erwische martin im flur und wir wollen zusammen was essen gehen im dorf. pulpo sei in galizien die spezialität. wir laufen zu den paar häusern, die als herberge und bar und restaurant zugleich fungieren. die junge italogruppe mit uns im schlepptau. da kommt eine erschöpfte gestalt angekrochen. die israelin aus logroño! unglaublich. total zerstört meint sie zu uns, sie sei von ponferrada gestartet heute. nicht möglich!! das wären 55km in einem tag. wie geht das nur? wieso macht man das? verrücktes mädchen! es ist ihr siebter camino meint sie zu uns. martin und ich gehen total verdutzt in das restaurant, welches paco uns empfohlen hat. sheen, der malaysier aus dem sushirestaurant, sitzt alleine am tisch und wir gesellen uns zu ihm. bestellen natürlich pulpo! rosa kommt wenig später — ebenfalls ziemlich zerstört — in die bude und holt sich ein bocadillo zum mitnehmen. rosa scheint total am ende zu sein. wir essen genüsslich weiter. der pulpo schmeckt ausgezeichnet!! gerade wollen wir gehen, da die herberge zumacht, da kommt kerem, die israelin, ins restaurant und bestellt was schnelles. herberge macht in 15min zu. ich solle doch warten und ihr aufmachen. bin müde und hab keinen bock so lange noch aufzubleiben aber kann nicht nein sagen und sie ausgesperrt lassen. hat mich in der zange die junge kerem. na gut. wir gehen also zurück zur herberge und ich warte vor dem eingang drinnen. vielleicht so eine stunde! neben mir sitzt eine asiatin und bedient ihr elektrisches massagegerät das aussieht wie ein vibrator. wir sitzen beide still im eingangsbereich und das einzige geräusch ist das brummen des massagegeräts. kerem kommt dann irgendwann und ich mache ihr die tür auf! und wir gehen schlafen.