wecker reisst mich aus dem schlaf! das erste mal wohl wieder richtig tiefer schlaf. zelt ist leider nass geworden durch den morgentau, eine misere. laufe los und sehe nur ein paar lichter. stirnlampen. es ist fast leermond und wir haben einen herrlichen sternenteppich über uns. orion ist klar und deutlich im süden über mir zu sehen! schön. laufe ganze zwei stunden schnurgerade eine asphaltstrasse entlang die irgendwann zu einem kiesweg wird. das erste dorf. aber nichts offen. hole dati und die italojungs ein. thomas, einer der italos, sagt er sterbe vor hunger! haha. noch über eine stunde bis ins nächste dorf aber wir haben keine wahl. es ist bitterkalt. unglaublich kalt. giulia mit kurzen hosen. what. ich habe so kalt, dass ich mir die wandersocken aus dem rucksack hole und als handschuhe überziehe. abends in astorga handschuhe besorgen? wird sicher nicht wärmer um diese uhrzeit die kommenden tage. übermorgen sind wir dann auf 1400 meter höhe auf den montes de léon.
beim nächsten dorf laufe ich über eine alte steinbrücke, unter der kein wasser fliesst. wassermangel? eine saftiggrüne wiese schmückt den boden. ich verstehe nicht ganz. vielleicht von den römern erbaut, aber der fluss unterdessen umgeleitet? nach der brücke finde ich gleich links ein nobles hotel im kolonialstil. sonst scheint hier nicht viel offen zu sein. also gehe ich rein und bestelle ein käffchen. neben mir ein bekannter koreaner, weiss nicht wie er heisst, haben noch nie geredet. zunick-bekanntschaft. oben im ecken läuft spanisches fernsehen. im nobelhotel. lustige combo. erdbebeben in japan und erdrutsch in mexico. zurzeit scheinen die nachrichten surreal. gestern putins drohung mit atomwaffen. surreal und so fern vom unkomplizierten leben hier auf dem camino. gehe weiter und muss nur wenig später all meine sachen ausziehen, so warm ist es plötzlich geworden! kappe und goretex jacke und lange hosen und handschuhe. zurück zu den sommerkleidern. treffe auf den diet-coke-typen. hab ihn wohl noch gar nie beschrieben hier. ein ami, vielleicht so um die 40. bestellt immer nur diet coke in den bars und zwar auf englisch: „a diet coke please“. „como?“ „a diet coke“. „no tenemos eso señor.“ morgens um 6.30 letztens in einer bar. mein kaffee ist sein diet coke. denke an jesse aus zürich und die zeiten als er mate aus der dose morgens trank. ich kanns ja mal probieren. cola zum frühstück. eine kalte cola und ein französisches buttercroissant.
laufe weiter und hole dati ein auf einem langen anstieg. wieso auch immer dati. dachte die seien schon über den berg, wohl schon in astorga. dati und ich laufen etwa eine stunde zusammen hinauf, bis wir auf die anhöhe gelangen. sie ist grafikdesignerin in italien. thomas und sein brudi warten auf dati und wir laufen zu viert weiter. noch zwei stunden bis astorga. die hitze wird stärker und immer stärker.
wir folgen dem breiten kiesweg. vor uns eine frau so um die 40, golfer-cap, sportbrille. die stöcke hält sie wirr in der luft und dienen keiner funktion. kopfhörer drin und sie singt irgendwelche englische lieder während sie energisch weiterläuft. bestimmt 6km/h. sie hält dann alle 300 meter an um ein selfie zu schiessen und dann die nächste person hinter ihr zu bitten ein foto von ihr vor der gleichen kulisse zu machen. durch ihre ungebremsten fotoshootings sind wir etwa gleich schnell. bestimmt ihr erster tag. wohl in astorga gestartet. der rucksack sieht nigelnagelneu aus. jetzt kommen sie, die turigrinos! aufgepasst. immerhin trägt sie ihren rucksack selbst. und ich frage mich: für den belgier sind wir von saint jean vielleicht auch turigrinos. ach diese kurzen 800km. der letzte abschnitt sozusagen. vorher schon 4 monate unterwegs gewesen.
spür es langsam aber sicher schon wieder fest in den füssen. sechs stunden unterwegs zu fuss. es wäre noch über eine stunde bis astorga. wasser ist leergetrunken. vor zwei stunden passierten wir das letzte dorf. auf einmal gehts ordentlich den hügel hoch. es wäre der letzte für heute. in der ferne erkenne ich menschen. träume ich? ein rastplatz erscheint von weitem und wird immer klarer ersichtlich. ein schattenplatz zwischen den bäumen, ein grosser runder salontisch gefüllt mit einem buffet direkt serviert aus dem himmel. frisch geschnittener mango, melonenschnitze in hülle und fülle, eine handvoll verschiedener limonadenkaraffen und verschiedenste käseplatten! kaum zu fassen. ich setze mich mit der jungen italocrew und wir staunen gebannt auf den tisch. „nehmt was ihr wollt! ein geschenk des himmels!“ ruft uns ein spanier zu. alles auf geschenkbasis hier. der typ meint, es sei NICHT spendenbasis. das sei ein grosser unterschied. ich verstehe den unterschied aber nicht. aber wir picken etwas gehemmt aus dem überwältigenden buffet. nach und nach trudeln bekannte gesichter ein. ich lerne pi kennen, eine junge spanierin aus giulias gruppe.
muss dann aber doch weiter, die hitze nimmt nochmals deftig zu in dieser stunde pause. wate also durch die glühende hitze und es geht den berg runter. von weitem sehe ich astorga. die kathedrale. endlich. von da an zieht es sich dann aber nochmals gewaltig bis zum stadtrand. über eine stunde in der hitze. fühlt sich zu lange an. komplett durchgeschwitzt erreiche ich die erste herberge der stadt und siehe da: es gibt einen garten! die besitzerin der herberge drückt mir sogleich ein kühles bier in die hand. als ob sie meine gedanken lesen könnte. ich lasse sie zu mittag essen und mache erst danach bei ihr das check-in. 5 euro um im garten zu schlafen. perfetto. und ich begreife, dass die besitzerinnen eine schweizerin und eine deutsche sind! wir reden aber gar nicht gross. bleibe dann noch eine weile sitzen. nach sieben stunden wandern kommt jeweils ein seltsames hungergefühl auf. der körper scheint noch nicht zu schnallen, dass für heute fertig ist.
nach dem duschen laufe ich in die stadt hoch und schmeisse mich gleich vor die erste bar. zwei stück tortilla und einen americano. endlich zeit zu schreiben denke ich mir. nach drei tagen dichtem programm! zu viele menschen schon, die ich kenne. gerade trinke ich meinen kaffee aus, da kommen paco und doug abgetraben! wir verabreden uns fürs abendessen später mit rosa und alex. sie laufen weiter. drei minuten später taucht martin vor meiner nase auf. zwei minuten später francesco. wir quatschen zusammen und irgendwann läuft martin weiter und eine junge spanierin mit kurzen schwarzen haaren, eine bekannte von francesco, bleibt bei uns stehen. nach einer stunde gehen die beiden zurück zur herberge. kam also noch gar nicht zum schreiben. nun gut. paco und doug laufen wieder vorbei. ich glaubs nicht! whiskey. ich rede mich raus und will mir die kathedrale endlich ansehen. auf der plaza dann eine familienzusammenkunft der italos. giulia, pi, dita und die jungs und einen ganzen haufen den ich noch nicht gross kenne! und sogleich kommen alex und rosa um die ecke. martin ist auch da und so gehen martin und ich gemeinsam die kathedrale anschauen.
abendessen zusammen mit doug, paco, donovan, alex und rosa! ihr katalanisch / valenciano verstehe ich noch immer nicht. doug bestellt nicht mal essen und trinkt nur bier! haha.