Tag 17: Boadilla del Camino

heute gehts auf in DAS dorf der dörfer. das dorf nunmer eins auf diesem camino. boadilla del camino. hier würde ich mich setzen lassen und heiraten. famile gründen und meine sieben kinder grossziehen. und die besten bocadillos des caminos hinzaubern in meiner herberge. boadilla del camino klingt nämlich wie bocadilla del camino und wenn es dort nicht die besten bocadillos des landes gibt dann ist alle hoffnung auf eine angemessene kulinarik dieses landes verloren.

stehen knapp nach sechs auf und höre francesco schon zusammenräumen. wir sind die ersten die hier im basecamp am fuss des himalaya unser zelt abbauen. die anderen scheinen noch in ihren schlafsäcken zu sein. donovan kommt uns im dunkeln wie kleine kinder kontrollieren und ob wir noch hilfe bräuchten. einen kaffee hätte der gute mann zumindest bringen können. jorge und angel sind ebenfalls am start und vor der herberge tummeln sich einpackende pilgernde mit den stirnlampen. auf gehts in die nacht. wir folgen einem steinigen pfad weiter gen westen. ich quatsche im dunkeln mit einer jungen und sehr hübschen italienerin. sie erzählt mir grossen stolzes wie sie von saint jean nach pamplona in einem tag gelaufen sei. ich glaube ihr nicht. das wären etwa 60-70km. kann nicht sein. los arcos – estella auch in einem tag. niemals. sie verabschiedet sich und zieht mit einem tempo von 7km die stunde davon!! francesco und ich fühlen uns wie alte schnecken plötzlich. selbst der olympiaschwimmer nimmt es der italienerin nicht ab. es wird langsam hell und wir laufen an einer mächtig grossen ruine vorbei welche mitten am weg liegt, wir laufen quasi DURCH die ruine. eine pause muss hier sein. angel labert was auf spanisch so schnell dass ich nicht folgen kann aber es handelt sich anscheinend um ein ehemaliges kloster bzw. pilgerhospiz. laufe weiter und erreiche nach einer weiteren stunde castrojeriz. lerne auf dem weg eine junge neuseeländerin kennen mit grosser hipsterbrille. lustiger akzent. hätte auf england getippt aber es scheint sehr ähnlich zu sein. wundervoll hier in castrojeriz! hole mir ein käffchen und etwas frühstück — das erste bocadillo des tages, zum zweiten (!) mal erst ohne tortilla. giulia, eine italienerin welche ich schon paar mal getroffen hatte, setzt sich zu mir und wir geniessen das frühstück draussen im kleinen garten direkt vor einer romanischen kirche. hatte sie zum ersten mal vor dem alto perdon getroffen, das ist nun doch schon eine gute weile her!! angel, der spanier, ist ein erfahrener pilger. er meinte, auf dem camino würde man sich kennenlernen. heiraten. und sich wieder scheiden lassen! so viel würde man hier erleben und so lange würde es einem vorkommen diese paar wochen. und in der tat habe ich das gefühl dass wir mit den hermanos schon jahre unterwegs sind. weiss gar nicht mehr wie es ist sesshaft zu sein. und wir haben erst die hälfte! so weit so gut.

giulia geht los und hat nur noch zwei stündchen vor sich, sie bleibt in einer herberge welche von italiener*innen betrieben wird. und freut sich heute auf kerzenlicht und italienische pasta! bin neidisch. eine gute portion pasta, was würde ich nicht alles dafür geben.

castrojeriz ist das längste dorf auf dem camino und ich laufe bestimmt 20 minuten durch die gepflasterte altstadt. es ist herrlich ruhig hier.

ein grosser hügel macht sich vor uns auf. 12% steigung! aber es sei der letzte grössere anstieg in der meseta. oben durchgeschwitzt angekommen setze ich mich auf eine bank und ruhe etwas aus. da kommt donovan und quasselt mich voll. darauf folgt ein knapp vierstündiger marsch zwischen vertrockneten sonnenblumenfelder und abgedroschenen weizenfelder. ich versuche langsamer zu laufen um donovan zu entkommen aber er drosselt das tempo ebenfalls. ich mache kurze pausen aber er pausiert mit mir mit. wenn er pause macht und ich weiterlaufe rennt er zu mir vor! der typ ist unglaublich. er montiert tagsdurch ja immer seinen sonnenschutzschirm und sieht aus wie eine asiatische touristin. oder marry poppins. der witz scheint auch ihm unterdessen ausgelatscht und so höre ich ihn gar nicht mehr soo oft wie zu beginn.

wir machen rast. sonne kommt heraus und es wird wieder richtig heiss! es ist 14 uhr und wir haben noch ganze zwei stunden weg vor uns. wir suchen im kleinen dorf nach einer bar. die einzige bar hat aber keine bocadillos mehr. und auch keine tortilla. weitersuchen. der blonde typ mit den rastas erscheint mit seiner deutschen begleiterin. wir versuchen es bei der alberge und in der tat erscheint ein kleiner kiosk bei der herberge. setzen uns neben zwei junge holländerinnen. giulia taucht aus dem nichts auf! wir essen gemeinsam draussen auf den cocacola plastikstühlen, als plötzlich ein koreaner durchmarschiert. die spanierinnen aus dem dorf wollen ihm auf spanisch klarmachen, dass er in die falsche richtung läuft, doch der typ schnallt es nicht. wieder so ein verwirrter koreaner. denke zurück an meine bekanntschaft aus logroño und wo der wohl sein mag. mache dann auch einen witz in der runde auf spanisch wegen dem koreaner und bringe die spanischen mütter vom dorf zum lachen! lustige szene.

donovan und ich waten in der hitze weiter durch die meseta. kein schatten weit und breit. kein boadillo del camino weit und breit. die landschaft bringt etwas abwechslung als plötzlich ein paar grüne felder auftauchen, welche mit sprinkleranlage bewässert werden. niemand unterwegs um die uhrzeit. als alle hoffnung verloren scheint, sehen wir in sehr weiter ferne einen kirchturm! boadilla. ich sehe fliegende bocadillos schwebend über dem kirchturm halluzinieren. etwa eine stunde entfernt von uns. immerhin. wir ziehen die sache durch und auch donovan wird sehr wortkarg in diesem letzten abschnitt und wir laufen mit letzter energie durch diese mittagshitze.

das dorf erscheint dann also und die herberge gut gefüllt mit allerlei pilgernden! doug erwartet und und bestellt gleich zwei grosse bier für uns. es gibt wiedermal kein nein. doug scheint sichtlich energie zu haben nach diesen vier tagen pause und sei schon vor knapp zwei stunden angekommen. wie ist das nur möglich!

der garten der herberge ist eine oase! ein kleiner pool. alle genüsslich am entspannen hier auf der saftig-grünen wiese. die herberge scheint eher wie ein hotel mit ihrem lobbyartigen empfang. im garten sitzt angel und kuriert seine füsse. im zimmer angekommen schmeissen wir unser zeugs hin. der typ von der herberge scheint ein tausendassa zu sein. spanier mit rastas und dickem bart, lustige combo. er hat hier alles im griff. jorge kommt in unser zimmer. der typ ist bestimmt über 100 kilo. ich schwöre der typ nimmt sich das obere bett in meinem hochbett und wird die nacht durchröhren. ich wette! überlege kurz im garten zu schlafen im zelt. aber der typ der herberge meint es kommt regnen. hab keine lust morgen im regen alles einzupacken und so gehe ich das risiko ein, mit den männern im zimmer zu schlafen. jorge hat sich noch nicht entschieden welches bett er nimmt, meint er. für mich keine frage: er wird das bei mir nehmen.

füsse abkühlen in der oase in boadillo

gehe rüber zum abendessen und zu meiner überraschung sitzen alle an einem tisch. schön! bin aber wiedermal viel zu spät und so kriege ich den platz am kopf des tisches. gegenüber von mir ein pärchen aus nevada. super langweilig. die typischen fragen über berge und skifahren und schweizer militärdienst und berge und wandern und wieder berge. das bild der amis über die schweiz ist relativ einfach gehalten. das pärchen verzieht sich nach dem essen dann gleich zu bett und ich sitze mit doug in der abendämmerung im garten. doug hat eine tochter. seine freundin hat krebs und möchte keine behandlung mehr unterziehen, hat schon zu vieles versucht. qualität vor quantität sei die entscheidung gewesen meinte doug. wir werden still. der whiskey helfe beim einschlafen meint er.

gehe hoch ins zimmer und natürlich war es so wie es kommen musste! der fettsack jorge liegt auf der oberen etage meines hochbetts und ist schon laut durchs zimmer am schnarchen. und es ist noch nicht mal zehn. top.