Tag 13: Ares

verwache um fünf uhr morgens mit meinem wecker und die schnarchsymfonie hält noch immer ununterbrochen an. doug scheint schon wach zu sein, tippt auf seinem handy rum. stehe auf und packe zusammen. der erste! unglaublich!! was für ein gefühl. ich kleiner frühsaufsteher. was für schlafnasen. im halbschlaf treffe ich im flur auf den alten tony. er geht auch gleich los. wir waten durch die weizenfelder in der halbdunkelheit. der prächtige vollmond leuchtet uns den weg und so scheint es überflüssig, mit der stirnlampe den weg auszuleuchten. eine herrliche ruhe. ein einfacher und breiter kiesweg zieht sich durch winzige dörfer. erneut eine wahnsinnige morgenstimmung. beim ersten cafe treffe ich auf borja, welcher genüsslich am frühstücken ist. laufe aber weiter und will das nächste dorf erreichen bevor ich die erste grosse pause mache. der weg zieht sich an einem fluss entlang nach villafranca montes de oca. irgendwie heissen hier alle ortschaften was mit villa am anfang. und dann! treffe auf victor und die beiden jungs von gestern, welche gerade aufgestanden sind und neben der kirche auf der einzigen sattgrünen wiese weit und breit geschlafen haben. wir tauschen uns kurz aus und sie fragen mich ob der supermarkt schon offen habe, denn er sollte angeblich geöffnet sein. keine ahnung. hab aber auch einen riesen kohldampf am start. wenns hier nichts gibt bin ich aufgeschmiessen. nach san juan de ortega wären es über drei stunden durch den dichten wald. ich laufe den steilen pflasterweg zum oberen teil des dorfes. vor mir ein prächtiges hotel. vielleicht haben die ja frühstück und ich kann mich hineinschleichen. ich laufe in den innenhof und weiter rein ins gebäude. vor mir eine luftig hohe lobby im kolonialstil. pflanzen schmücken den innenbereich und ich laufe weiter den gang entlang um einen weiteren eingang zu finden. neben mir haufenweise gepäck für die heutigen turigrinos. endlich komme ich in einen raum mit frühstücksbuffet. ein einziges pärchen sitzt an einem tisch inmitten von leeren tischen. hier einfach einpacken? ich überlege kurz. logo. keine frage. ziehe gerade meinen rucksack ab als ein mann mit weissem kittel reinkommt. wohl der kellner dieses netten lokals. buffet kostet 15 euro. menno. ist also nicht inklusive für die gäste hier. ich laufe alles zurück und der kellner führt mich in die bereits geöffnete bar. er kann kaum spanisch. an der bar? ein alter bekannter aus barcelona. ist immer mit dem mexikaner unterwegs. immer. sehe die immer nur zu zweit, wie ein altes pärchen. wir grüssen uns kurz während ich meine ration frühstück zusammenbestelle. ein bocadillo für auf den weg werde ich wohl noch brauchen müssen. draussen setze ich mich zum mexikaner und dem mann aus barcelona und ich versuche ihrem schnellen spanisch zu folgen, was ganz gut klappt. der mexikaner sieht aus wie ein gesponserter hochalpinist von north face, trägt er doch immer nur sachen wo das north face logo überdimensioniert zu sehen ist. mit seinem kopftuch und der gletscherbrille sieht er so aus als ob es gleich auf den höchsten 8000er im

himalaya zugeht. voller elan brechen sie auf, ich gehe rein um ein bocadillo zu bestellen. am gleichen ort wo ich den spanier antraf vorhin nun wieder ein bekanntes gesicht! der architekt aus süditalien. etwa hier hätte ich zuletzt mit ihm gerechnet! was für ein tolles wiedersehen, wir umarmen uns herzlich und obwohl ich gleich aufbrechen wollte, bleibe ich mit ihm kurz in einem dieser kolonialstühle sitzen und wir quatschen. wir tauschen nummern aus für burgos (vielleicht). laufe weiter hoch den berg. trotz des schattens beisst auch heute die sonne besonders stark. es ist 11 uhr morgens. meine füsse? noch ok. es sind eine menge leute unterwegs. peak time um die uhrzeit, egal wo auf dem camino. 10-12 uhr ist peaktime. eine stattliche anzahl leute überholt mich im laufe des vormittags. selbst paco und marisa haben nun meinen vorsprung eingeholt! in den oca wäldern, wo wir derzeit durchwaten diesen vormittag, sollen früher räuber und banditen auf die pilger*innen gelauert haben. ich stelle mir die szenen hier im wald vor und frage mich was diese banditen wohl gestohlen haben vor dreihundert jahren. viel hatten die ja nicht dabei. da es aber keine geldautomaten hatte, frage ich mich, ob die pilgernden zu beginn einer solchen reise eine unmenge an münzen und somit bargeld mitgenommen haben in ihrem beutel. oder ob früher die kirche hier gratis kost und logie offeriert hat und somit kaum münzen notwendig waren. münzen für einen ganzen monat mitzunehmen wäre gänzlich unpraktisch. aber wohl ein guter grund für die räuber in diesem dichten wald zu lauern.

der weg wird zum kiesweg und die füsse beginnen zu pochen. ich schmeisse mich irgendwann einfach in den schatten. ziehe die schuhe aus und bleibe liegen. dutzende pilger*innen überholen mich. das schlimmste an diesem waldstück sind die mücken. beim sitzen kommen sie in scharen und mir bleibt nichts anderes übrig als schuhe anzuziehen und weiterzulaufen. der wald nimmt nach drei langen stunden endlich sein ende zu und eine grosse lichtung taucht auf. in der ferne sehe ich ein klosterartiges gebäude. es muss san juan de ortega sein! na endlich. und in der tat ist es ortega. mein mögliches etappenziel für heute. es gibt nur ein kloster (60 betten) und eine kleine bar mit 14 betten. vor dem kloster reihen sich die rucksäcke. heute ins kloster? erst mal zuwarten. hole mir eine limonade im kiosk und treffe auf den franzosen von der dreier gruppe von victor. wir teilen uns etwas drehtabak und eine genüssliche zigarette im schatten der mittagshitze. neben uns ein koreanisches pärchen. francesco und donovan stossen dazu. und gönnen sich eine pizza! francesco meinte eigentlich, er würde keine pizza auf dem camino probieren, die kann hier in spanien nur schlecht sein! allemal recht, ich denke zurück an meinen verbrannten kuchen der sich pizza nannte. die sieht aber allemal napolitanisch aus. ich bleibe bei meinem bocadillo vom kolonial-bonzen-hotel von vorhin. donovan und francesco gehen weiter runter nach ares, das nächste dorf weiter unten im tal. würde eigentlich gerne campen. bleibe mit ryan, dem franzosen, noch kurz sitzen, irgendwann wechseln wir rüber zu den anderen beiden jungs in den schatten gleich vor dem kloster. der dritte ist belgier. victor ist aus paris. ein dicker joint ist im anflug und sei quasi ihr bocadillo, meinte ryan. ich teile ein paar atemzüge mit den netten herren, bevor ryan weiter ins tal läuft. etwas vorsprung von den jungs, meinte er, sein fuss schmerzt von den 40km von gestern. 40! davon kann ich nur träumen. irgendwann laufe auch ich weiter ins tal und wandere gut gelaunt und fröhlich munter weiter durch ein waldstück. nachmittags zu laufen hat tatsächlich seinen besonderen zauber. das erste mal seit beginn der reise probiere ich nun also dies. mein wanderführer hatte das gefühl des camino am nachmittag als besonders speziell beschrieben, da quasi keine leute dann untwegs seien. und in der tat ist niemand unterwegs. erblicke ryan irgendwann in der weite. kommt aus der bretagne. wir erreichen nach einer stunde ares. irgendwo hier müsste die gruppe sein. zelt oder nicht? stelle mir die frage nochmals. laufe an einer gedeckten terrasse vorbei und in der tat pfeift mich die ganze gruppe der hermanos rüber! ryan läuft weiter ins nächste dorf und wir verabschieden uns. man weiss auf dem camino ja nie, ob man sich nochmals wiedersehen würde. sehr sympatischer kerl, würde ihn auf jeden fall sehr gerne wiedersehen.

auf der terrasse meint dann donovan, dass borja noch ein freies bett reserviert hat für seinen bruder. dieser ging aber schon nach hause. zurück nach bilbao. bett ist also für mich extra reserviert geblieben. erzähle von meinen campingplänen aber die gruppe schaut mich absichtlich so traurig an, das ich das angebot nicht ablehnen kann! nehme also das bett im gemeinsamen zimmer. wir dinnieren zusammen in einem lokal gleich hier im dorf. mir fällt auf dass in spanien die meisten leute drinnen essen. paco meint, man mache dies, da die temperatur konstanter sei. man präferiert somit die tische im inneren, auch wenn gutes wetter herrsche. in der schweiz wäre es umgekehrt. draussen hat vorrang wenn möglich. vielleicht weil wir weniger sonne haben?