Tag 12: Belorado

sind früher auf als gestern, später los aber als sonst. donovan bietet mir gleich nach dem aufstehen sein alpro haferjoghurt an, wusste nicht dass es vegan war und war dann sehr erschrocken darüber! bin total zerstört noch von gestern und es geht schon wieder los. doug bleibt in der airbnb wohnung und nimmt sich einen zweiten tag auszeit um seine verletzungen auszukurieren.

francesco und ich laufen los in santo domingo. es ist gerade noch dunkel, da setzt eine wunderbare morgendämmerung an, wir laufen über offene felder und erreichen nach knapp 1.5h das nächste kleine dorf. die sonne blinzelt durch und gibt lange schöne schatten. vor uns erscheint ein kleiner foodtruck, wir schnappen uns ein kleines frühstück. donovan leehrt mich etwas der botanik auf englisch, der sportliche holländer grüsst mich und holt sich einen orangensaft. er trägt heute ein neongelbes shirt. er hat ein zweites shirt! unglaublich. er sieht noch sportlicher aus als sonst und seine gelfrisur sitzt wieder perfekt.

laufe weiter. vor mir eröffnet sich ein immenses feld von weizenfelder. es ist nicht zu beschreiben wie gross das feld ist. ich sehe den weg schon im horizont verschwinden und bis ich etwa dort bin wird es wohl über eine stunde dauern! vielleicht auch zwei. auf blankem asphalt. dazwischen? nichts. nur weizenfelder. der weg führt später durch ein paar kleine dörfer. schon um 8.30 kitzelte die sonne auf meine haut und zeigt mir dass es heute wieder heiss wird. sehr heiss. kein schatten zwischen den dörfern. nix. ich nutze die kleinen schattenoases in den dörfern und kaufe mir fünf (ja fünf!) tortillas sin carne (ohne fleisch). was anderes kriege ich die tage hier auf dem weg nicht. bocadillo con tortilla. francesco und ich winzeln die tage ständig über bocadillos. ein running gag zwischen uns. muss laut lachen als ich das hier schreibe hahaha. bocadillo bocadillo bocadillo. überall nur bocadillos für uns. francesco ist auch vegi.

ein schnappschuss! in der ferne nur weizen. überall weizen. im vordergrund der sportliche holländer!

ich glühe durch die mittagshitze. komme um 14 uhr in BELORADO an. nicht zu verwechseln mit COLORADO oder EL DORADO. ich denke vor allem an letzteres heute morgen denn durch diese immense weizenlandschaften fühlt man sich ganz klein und unwichtig. stelle mir vor wie ungepflegte bärtige europäer von übersee kamen um im wilden westen nach gold zu waschen. wie wohl diese goldgräberstimmung sein musste. war sie voller euphorie und hoffnung? oder quasi das wenigere übel in einem verkriegten und armen europa?

in belorado erwarten mich paco und francesco und doug auf einem tisch mitten in der strasse. hab schon erste entzugserscheinungen vom alkohol und so bestelle ich ein pacharan in der schattigen bar von draussen zwischen den gassen. pacharan ist ein rotes, bitteres getränk und ich habe keine ahnung was drin ist da ich paco nicht verstanden habe. paco bestellt jeden tag sicher einmal pacharan und so wollte ich dieses wundergetränk gerne auch mal probiert haben. es schmeckt ausgezeichnet.

wir beziehen das zimmer in der herberge und die männer und marisa gehen an den pool der herberge! es gibt einen pool. ich fass es nicht. gehe zuerst mal zwei stunden schlafen, meine füsse pochen vor schmerz vom asphalt. die männer sind fit, heute schien ihnen sehr leicht gefallen zu sein. topmuntern trinken sie am pool weiter! ich habe die badehose leider nicht eingepackt und drehe eine runde im winzigen dorf. siesta time. beinahe alles zu. doch siesta variiert hier, teilweise ist jenes zu und jenes nicht. verstehe es noch nicht so ganz.

überlege auch gerade ernsthaft in burgos, die nächste grössere stadt in zwei tagen, andere leichtere schuhe zu kaufen. oder gar turnschuhe. wanderschuhe zurückschicken? teuer. würde sie nach leon und in galizien noch brauchen vielleicht. nächste woche kommt die meseta auf uns zu. 5-7 tage flachland. nur weizenfelder. es wird mental die grösste herausforderung werden auf dem camino. francesco redete die vergangenen tage jeden tag von der meseta und seinem respekt davor. er erwähnt täglich sicher 3-4 mal die meseta: „you know if we are on the meseta…“. ich habe erst heute begriffen was die meseta tatsächlich bedeuten wird. mehr als 20 km auf asphalt kann ich momentan nicht schaffen mit diesen dickeln stiefeln fürs hochgebirge.

gehe eine dicke runde schlafen im bett der herberge und setze mich am frühen abend dann an die plaza von belorado. von weitem sehe ich drei junge männer über die plaza laufen. ich erblicke victor! der pariser aus dem cafe in bayonne vor der abfahrt nach saint jean. winke zu ihm rüber und er kommt kurz vorbei und wir quatschen kurz. sie schlafen immer draussen und seien aber ohne zelt unterwegs. die jungs sehen mit ihren bärten aus wie obdachlose neben den pensionierten englischen pilgerpärchen in ihren karohemden hier im café.

zurück in der herberge gehen wir ins restaurant im 1. stock. grosser tisch mit marisa und tony zusammen. francesco belässt es bei einem eingänger da er vorher drei kitkats gefuttert hat wie er meinte! paco will nach dem gemeinsamen abendessen zum pacharan einladen auf der plaza. haha! ich schleiche mich nach dem zahlen davon ins zimmer. keine minute später kommen doug und donovan dazu, die sich auch davongeschlichen haben! francesco und marisa hats erwischt und sind mit paco draussen auf der strasse. die arme leber. donovan verspricht mir nicht zu schnarchen wenn ich nicht schnarche. es vergehen fünf minuten und der typ fängt an zu röhren als gäbe es kein morgen. ich nehme die ohropax hervor und gerade kommen paco und francesco rein! paco und donovan wechseln sich mit schnarchen ab wie im orchester. francesco stosst ins orchester dazu. will morgen im zelt schlafen aber es fällt mir schwer mich aus der clique zu halten, da das tagespensum doch sehr gut ist von der gruppe! und die herberge viel komfort bietet den tag durch.