Tag 8: Torres del Río

aussicht von der kirche beim schlafplatz runter auf torres

bueno. kriegte kaum ein auge zu heute nacht. schnarchorchester in der herberge in estella. heisse nacht. als sich alle bereit machten, konnte ich unmöglich los, die beine schmerzten HEFTIG. blieb liegen und versuchte zu schlafen. ohropax rein. möchte im zelt schlafen heute, egal wie und wo. die putzfrau schmeisste mich um 8 dann aus dem zimmer. draussen auf der terasse packte eine sehr junge dame ihr zelt und ihren rucksack zusammen. sie hatte draussen auf der terrasse geschlafen. die franzosin war auch so unterwegs. könnte es ihnen gleichtun, würde zumindest besser durchschlafen können.

nun aber also! mein erster freier tag. ich muss gewicht loswerden. 15kg und 2 liter wasser obendrauf sind zu viel durch die hitze spaniens. ich checke die öffnungszeiten der poststelle und drehe noch ein paar runden im dorf. die poststelle ist gut besucht, ich stelle mich in die ecke des raumes und packe ein paar sachen raus, welche ich heimschicken werde um balast loszuwerden. ein schweres brillenetui, die zweite kleine pfanne, mein gaskocher, seidenschal, regenhose und ein midlayer-jäckchen. hab ja noch die daunenjacke. falls es wirklich kalt werden sollte ende oktober in galizien könnte ich was nachkaufen. und poncho nachkaufen bei starkregen. aber das waren die dinger, die ich nicht angerührt habe die letzte woche. regenjacke auch nicht, aber man weiss ja nie. drei tage regen ohne regenjacke möchte ich nicht haben. die spanierin am schalter kommt auf 1.5kg für das paket. gut! sehr gut! das könnte doch schon mal helfen. der rucksack fühlt sich schon viel leichter an. habe ich zumindest das gefühl in der sekunde. habe aber auch grad null wasser aufgefüllt. frage die frau am schalter nach dem weg zur busstation.

draussen auf der strasse gehe ich ins gegenüberliegende cafe. eine gruppe älterer damen hält gerade ihr kaffeekränzen morgens um 8.45 uhr. bestelle einen americano und setze mich draussen auf die strasse. ich würde danach den bus nehmen. komisches gefühl. war es falsch? jedem seinen weg. das gefühl jeden kilometer gelauft zu haben wäre mir nicht so wichtig. diese prinzipfragen nerven ja sowieso. würde ich an den camino primitivo wechseln in leon wäre ich ja sowieso nicht mehr auf dem frances. bin ja auch nicht zu hause gestartet sondern in saint jean. sollte mir keinen stress machen. mal nach torres und dort ausruhen ist der plan.

in torres angekomnen frage ich nach einem geeigneten ort zum zelten. der junge mann an der bar empfiehlt mir die kirche ganz oben auf dem hügel. ich schaue mir den spot an. einen brunnen finde ich nicht, trotz seines hinweises. haue mir ein ordentliches pilgermenü rein und gehe bei der kirche etwas dösen. gut warm heute. bin froh nicht gelaufen zu sein aber es fühlt sich komisch an. bisschen falsch. auf jeden fall nicht zugehörig. beim essen sehe ich ein paar durchgeschwitzte wanderer durchs dorf laufen. und aufsmal: der verwirrte koreaner! er lebt! er grüsst mich freundlich, frage ihn wie es geht, er lächelt und nickt und läuft weiter. am nachmittag ein bier im kiosk der stadt. etwas abwechslung muss ja schliesslich sein hier im dorf sonst bin ich noch unterfordert. bin ja wohl abends wieder im restaurant unten wo ich schon zu mittag war. der kiosk fungiert auch als herberge. die kleine deutsche ist hier einquartiert, wir reden kurz. sie ist in etwa die kleinste pilgerin, der ich bisher begegnet bin. wie eine kleine fee. war schon um 11.30 hier in torres. ist ja verrückt, von estella sind es fast 30km. die hat einen guten zacken drauf! die kleine fee war bisher mit dem ernsten deutschen unterwegs aus larrasoaña. den hab ich aber paar tage nicht mehr gesehen. wo der wohl steckt? ein paar spanier*innen sitzen in einer runde aus plastikstühlen und spielen karten. auch pilgernde. ohne uns pilgernde gäbe es nicht viel hier im dorf. ich spüre regelrecht, wie wir die wirtschaft hier ankurbeln seit ein paar jahrhunderten. die ganzen dörfer gibt es ja nur wegen uns, vieles ist historisch erst durch die grossen pilgerströme entstanden. torres ist ein schönes dorf. heller neuer asphalt schmückt die strassen. so sollte es sein, auch in mitteleuropa. der boden heizt so nämlich nicht so fest auf. sehe den mann vom restaurant unten mit dem mann vom kiosk hier schwatzen. sieht mir aus wie eine latino familie die hier die beiden herbergen und den kiosk und das restaurant führt. auf eine bessere zukunft hier in europa. paco hat mir erzählt dass seit covid aber die meisten latinos ausbleiben, auch für die pilgerreise, da die flugpreise drastisch gestiegen seien. früher wären die in einer guten masse gekommen, sehr christlich alle. wollen heiraten auf dem jakobsweg. kerkeling hatte das im buch ja auch so erlebt mit der brasilianerin. und vor paar tagen traf paco tatsächlich ein paar an, die offen zugaben, dass sie zum heiraten hier waren und sich einen europäer schnappen wollen.

machte mich runter in die pilgerberge aka restaurant. die haben sogar ein pool. ein pool! mann. denke an meine zukünftige nacht oben in der kirche im zelt. keine dusche, kein bad, kein wasser zum trinken. die gastgeber setzen mich an einen tisch voller pilgermenschen. gegenüber zwei schwedinnnen, wohl über 70, im ecken des gleichen tisches eine gruppe deutscher frauen, links von mir ein sportlicher holländer mitte 40 in neoorangem shirt. rechts von mir ein junger mann aus lithauen. nordeuropa in seiner vollen spannweite. der holländer laberte die ganze zeit nur über schweizer berge und wie oft er schon unterwegs war. und dass er seinen rucksack von letztem jahr mit 6kg gepäck runterbrachte auf 4kg dieses jahr. gönnt sich die einzelzimmer, jeweils alles im voraus gebucht. spinner. ein sportfanatiker. kam sogar mit den sportkleidern, dem neonorangen shirt und der hautengen wanderhose an den abendtisch. die schwedinnen waren sehr ruhig, die ganze gruppe schien ziemlich fertig vom heutigen marsch. schlaften am tisch fast ein. 29km von estella die meisten. fühlte mich nicht richtig dazu, wie ein tourist der mal eben mit den pilgernden zusammensitzt. schon lustig was so ein tag auszeit ausmachen kann.

gegen abenddämmerung bin ich dann hoch zur kirche. das licht brannte und der kirchplatz war gut ausgeleuchtet. ob das wohl die ganze nacht so bleibt? ich suche mir den einzigen platz im halbdunkeln und stelle mein zelt auf dem asphalt auf. es windet ordentlich und da ich das aussenzelt nicht aufspannen kann raschelt es unangenehm laut. ich werd das geräusch aber nicht unter kontrolle bringen. hab keine möglichkeit hier das aussenzelt runterzuspannen.